Portrait Sr. Gerarda Erpen
Am 27. Februar 1937 ist Mörel VS um einen Wildfang reicher geworden. Alles was nicht niet- und nagelfest war, brachte die kleine Therese in Bewegung, ein halber Bub. Hat sich Mamas Wunsch verwirklicht?
So fing es an
Die Schulzeit verlief reibungslos. Ich selbst fühlte mich oft eingeengt vor lauter Verboten und Geboten. Lesen war meine Leidenschaft. Doch zwei Bücher in einer Woche, das ist zu viel! Ausserdem schadet es den Augen: Also 2 Monate lang keine Lektüre. Als Schwarzleserin kam ich an die "Geschichte einer Seele" (über Therese vom Kinde Jesu), über 700 Seiten ... Ich war begeistert! Ganze Seiten schrieb ich ab. Auch ich wollte schnell heilig werden, Rosen regnen lassen!
In dieser Zeit starb plötzlich mein Vater. Einschneidende Wende. Er hatte seinen Tod voraus gespürt. An seinem Todestag machte er mir das Kreuzzeichen auf die Stirne und sagte: Liebes Kind, auf Wiedersehen im Himmel.
Weitere heimliche Lektüre: "Die Liebe ruft". Eine Predigt über den breiten und den schmalen Weg ... Das inspirierte mich. Mit 13 Jahren schrieb ich einen Brief im Doppel: "Ich gehe ins Kloster". Den einen Brief vertraute ich meinem Bruder Josef, dem Marianisten, an - den andern versiegelte ich mit Kerzenwachs und legte ihn in mein Geheimfach. (Erst mit 17 Jahren habe ich ihn wieder geöffnet.
Lehr- und Wanderjahre
Als "Mädchen für alles" in Pfäffikon/SZ entdeckte ich eine neue Leidenschaft, das Tanzen. Zur Fastnachtszeit organisierte die Jungmannschaft einen Tanzkurs für alle unter 18 Jahren, und ...: eine Tänzerin zu wenig! Per Lambretta fuhren wir - meine Flamme und ich - zum Tanzplatz in Rapperswil.
Doch all dies vermochte meine Liebe zum Gebet nicht zu verdrängen: jeden Sonntag ging ich zur Messe und alle 2 - 3 Wochen nach Rapperswil, zu den Kapuzinern zum Beichten. Und mit den Angestellten hielt ich in meinem Zimmer Maiandacht. Meine Seele war hin- und hergerissen: soll ich - soll ich nicht? Heimweh plagte mich, und so kam ich aus der Fremde wieder heim.
Ich machte 3 Tage Exerzitien: soll ich - soll ich nicht? Welschland - oder Kloster? Der Pfarrer sagte: Du gehörst ins Kloster. So kam ich mit 18 Jahren nach St. Ursula.
Und immer noch Lehr- und Wanderjahre
2 Jahre Noviziat: Auf einen Schlag bekam ich 27 Schwestern! Das war toll. "Heilig werden - alles andere ist Unsinn!" - darin übte ich mich fleissig.
Seminarzeit - dann 33 Jahre mit Kindern Schule gemacht. Da bekam ich die "Bodenstationen" meiner Heiligkeit immer wieder zu spüren.
Und jetzt bin ich unter denen im AHV-Alter wieder eine Juniorin.
Im Herzen trage ich das geschenkte Wort von meinem Herrn und Freund, das mir sagt: "Ich bin gekommen, dass sie das Leben haben, und es in Fülle haben." Dieser Kraft spüre ich nach in allen neuen Situationen meines Lebens.
Sr. Gerarda Erpen
PS.
Sr. Gerarda ist am 3. September 2010 gestorben. Sie war so lebensfroh und aufgestellt bis zuletzt, trotz schwerer Krankheit.